Attila - Die Welt in Flammen by William Napier

Attila - Die Welt in Flammen by William Napier

Autor:William Napier [Napier, William]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Historischer Roman
ISBN: 9783644447813
Herausgeber: Rowohlt Digitalbuch
veröffentlicht: 2011-07-20T00:00:00+00:00


11. DER VOGELFÄNGER

Z

ornig und beschämt traten wir an jenem Morgen den Ritt nach Süden an. Hinter uns her stolperte eine kleine, gebrochene Gestalt, mühsam ihren schweren Sack voll Gold schleppend.

Attilas Wesen, das sah ich wohl, wies durchaus auch vornehme Züge auf, eine Wahrnehmung, die Aëtius vermutlich teilte. Diese Vornehmheit freilich wurde überschattet von dunkleren Eigenschaften wie Bosheit, Tyrannei und Rachsucht, von denen sie letzten Endes völlig ausgelöscht würde. Seine Skrupellosigkeit und Habgier würden ihn irgendwann zerstören. Die Geschichte ist voll von solchen Beispielen. Schon jetzt verblasste, was an ihm vornehm und groß war, vor dem unzähmbaren Verlangen, die Welt zu beherrschen, ja das Leben selbst zu ergreifen und seinem Willen zu unterwerfen – ein Verlangen, das auch, auf unterschiedliche Weise, Alexander den Großen und Phidias angetrieben hatte, Euklid und selbst Sophokles. Männer vom Schlage eines Sophokles oder Phidias jedoch gelangen noch rechtzeitig zur Einsicht und überwinden dieses verderbliche Verlangen. Trachten nicht länger danach, zu unterwerfen, sondern fallen in stummer Ehrfurcht auf die Knie, in der Erkenntnis, dass sie das Leben niemals werden ganz verstehen, sondern es nur anbeten können. Attila hätte solch demütige Weisheit wohl als schändliche Kapitulation betrachtet. Er war und blieb einer der aufsässigen Söhne Gottes.

Attilas Hass auf Rom glich einem Feuer, das mächtig aufloderte und eine große, erhabene Basilika zerstörte. Haben die Flammen jedoch die Basilika am Ende verzehrt und vernichtet, bis nur noch Asche zurückbleibt, vergeht auch das Feuer, da es nichts mehr hat, was ihm Nahrung gibt. Sein Verlangen fraß ihn alsbald von innen her auf, löste eine immer unersättlichere Begierde nach mehr aus, die an die Stelle seines jugendlichen Stolzes und Feuers trat. Doch wenn nur mehr blinde Begierde das Handeln bestimmt, noch dazu in Verbindung mit der sturen, unerbittlichen Rachsucht des Alters, kann dies die schlimmsten Übel nach sich ziehen.

* * *

Nach nur zwei Tagen ließ Aëtius die Kolonne gegen Abend haltmachen. Er sah sich um. In der Ferne hinter uns war die vornübergesunkene Gestalt Vigilas’ mit seinem Sack zu erkennen. Er rührte sich nicht mehr. Aëtius wendete sein Pferd und galoppierte zu ihm, und ich sah, wie er sich vom Sattel aus hinunterbeugte, den Sack an sich nahm und auf seinem Schoß ruhen ließ. Vigilas rollte auf der Straße zur Seite und blieb reglos liegen. Nach kurzer Überlegung ließ Aëtius den Sack wieder auf die Straße fallen und kam zu uns zurückgeritten. Keiner von uns erhob Einwände gegen seine Entscheidung. Uns allen war bewusst, dass dieses Gold ein Danaergeschenk gewesen wäre, wie einst zu Agamemnons Zeiten: Timeo Danaos … Sollte irgendein Bauer den Sack finden und diesen reichen Schatz bei Mondlicht unter einer Eiche vergraben, um später im Alter davon zehren zu können.

Unsere Rückreise war lang und anstrengend. Nachdem Vigilas uns nicht länger aufhielt, ritten wir in hohem Tempo und mit nur kurzen Unterbrechungen dahin. Unterwegs mussten wir noch in der kleinen Stadt Azimuntium haltmachen und die Kaiserin in unsere Obhut nehmen, danach könnten wir uns hinter den gewaltigen Theodosianischen Mauern der Hauptstadt in Sicherheit bringen. Dort endlich, bemerkte ich, würden wir sicher sein.



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